Über 770 Menschen mit Behinderung arbeiten in den Caritas-Werkstätten an den Standorten Nordkirchen, Lüdinghausen und Lünen. Doch das Ziel geht weit über die geschützten Arbeitsplätze hinaus. Um Inklusion aktiv zu fördern, schafft der Fachbereich Berufliche Integration durch Praktika und ausgelagerte Arbeitsplätze individuelle Wege in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
"Ich habe dem Fachbereich gesagt, dass ich ganz gerne mal ein Praktikum machen wollen würde", erinnert sich der ehemalige Werkstatt-Beschäftigte Benny Klaus an den ersten Schritt. In einem vertrauten Rahmen mit dem Team des Fachbereichs, den Gruppenleitern und begleitenden Diensten sprach er über seine Vorstellungen und Interessen. Als er anmerkte, gerne an Rädern zu schrauben, war die Sache klar: Es sollte ein Praktikum in einem Fahrradladen werden.
Das Team des Fachbereichs erstellt für jeden Beschäftigten, der konkretes Interesse an einer Tätigkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt hat, einen individuellen Förder- und Eingliederungsplan, der Erfahrungen, Interessen und Wünsche des Beschäftigten ebenso berücksichtigt wie grundlegende Arbeitsvoraussetzungen. Durch intensive regionale Netzwerkarbeit findet das Team passende Praktikums- und Nischenarbeitsplätze. "Es braucht viel Beziehungsarbeit", betont Abteilungsleiterin Susanne Gehring. Durch die gute Vernetzung im Kreis fand das Team auch für Benny Klaus einen passenden Praktikumsplatz: bei Badelt’s Räderecke in Seppenrade. Das Team rief dort an und fuhr gemeinsam mit Benny Klaus hin.
Der Begriff „Zweiradmechatroniker“ (bis 2014 „Zweiradmechaniker“) trägt dem Umstand Rechnung, dass immer mehr E-Bikes repariert werden wollen. privat
Aus dem Praktikum wurde ein Außenarbeitsplatz, ein Arbeitsplatz, bei dem sich die Beschäftigten auf dem ersten Arbeitsmarkt erproben können, aber noch immer in der Werkstatt beschäftigt sind. "Ich hatte immer noch ein Bein in der Caritas, dass, falls es doch nicht klappt, ich jederzeit in die Werkstatt zurückkann", beschreibt Benny Klaus die Sicherheit, die ihm der ausgelagerte Arbeitsplatz bot. Diese Rückkehrmöglichkeit ist ein zentraler Baustein des Konzepts. Unternehmen, die einen ausgelagerten Arbeitsplatz einrichten, profitieren außerdem von der kontinuierlichen Betreuung durch Inklusionsbegleiter während des gesamten Prozesses. Die Zusammenarbeit sei problemlos gewesen, bestätigt Johannes Badelt, Inhaber von Badelt’s Räderecke. Auch abseits der regelmäßigen Besuche durch den Fachbereich hatte Benny Klaus jederzeit die Möglichkeit, sich zu melden.
Benny Klaus war schnell klar, dass er in dem Fahrradladen eine Ausbildung zum Zweiradmechatroniker machen möchte. "Nach anfänglicher Skepsis, weil ich mir nichts unter einer psychischen Erkrankung vorstellen konnte, hat sich Benny als hochmotivierter Auszubildender entpuppt", sagt Badelt. Mit den Kolleginnen und Kollegen verstehe er sich gut und in der Werkstatt könne er sich ganz auf die Räder konzentrieren. "Mir gefällt eigentlich alles: das Gefühl, Dinge zu reparieren, die Kreativität, die man dabei braucht, und Kunden glücklich zu machen, wenn das Rad wieder läuft." Auch bei Benny Klaus läuft es: Heute steht er kurz vor seinem Abschluss im vierten Ausbildungsjahr. Nach bestandener Gesellenprüfung im Januar 2026 wird er als Geselle bei Badelts Räderecke weiterbeschäftigt werden. "Ich sehe Benny als ein unverzichtbares Mitglied unseres Teams", fügt Badelt hinzu.
Benny Klaus‘ Rat für andere Beschäftigte in den Werkstätten: "Man soll's auf jeden Fall versuchen. Man wird von der Caritas gut unterstützt, man steht nicht alleine da und hat immer wieder die Möglichkeit, zurückzukehren." Auch wenn er anfangs Angst vor der Berufsschule hatte und aus seiner Komfortzone herausgehen musste - der Weg habe sich gelohnt.
Das Netzwerk, das solche Erfolgsgeschichten möglich macht, umfasst die Integrationsfachdienste, die Agentur für Arbeit und den Landschaftsverband. "Zusammengefasst ist das Ganze sehr auf Zusammenspiel angelegt und macht eine individuelle Förderung möglich. Es basiert auf intensive Begleitung und auf ein starkes Netzwerk", erklärt die Abteilungsleitung des zuständigen Fachbereichs
"Ich wünsche mir sehr, dass der Gedanke der Inklusion von noch viel mehr Beschäftigungsgebern gelebt wird. Es braucht immer Mutige, die sich auf Neues einlassen und die andere mit ihrem Mut anstecken und mitziehen", betont Gehring. Benny Klaus‘ Geschichte beweist: Wenn alle an einem Strang ziehen, kann der Übergang von Menschen mit Behinderung in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gelingen.
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